Montag, 5. Mai 2008

Maligner Narzissmus

Die ungeheuerlichen über 24 Jahre gehenden Untaten eines von seiner unmittelbaren Umwelt vorwiegend als Tyrann deklarierten mittlerweile 73-jährigen Mannes sorgen nicht nur regional, sondern sogar international für Aufsehen. Fast täglich werden neue Details bekannt, und Diskussionssendungen in Fernsehen und Radio stehen an der Tagesordnung. Vorwiegend wird über die Rollen des Jugendamtes, der Kriminalpolizei, der Nachbarn, der Bekannten, der Freunde, der Familie gesprochen, ohne dass dabei etwas Zählbares herauskäme.

Eine wahre Wohltat ist es, dem Kriminalpsychologen Thomas Müller zuzuhören, der insbesondere in einer Radiosendung Tacheles redet. Auf das Thema Narzissmus angesprochen hat er mit nur wenigen Worten die ganze Grausamkeit des Falles, welcher sich in Amstetten zutrug, und ungeheures Leid über die Opfer gebracht hat, erklärt. Menschen tendieren grundsätzlich dazu, sich selbst zu erhöhen, und tun dies im „Normalfalle“ durch Taten und äußere Darstellungen, die anderen Menschen möglicherweise bessere Wirkungen suggerieren. Die Eine trägt schöne Kleider, der Andere sieht sein Konterfei auf dem eigenen Buch. Diese Selbsterhöhung hat freilich auch etwas mit Eitelkeit zu tun, jedoch ebenso damit, dass der Mensch danach strebt, mehr zu sein, als er vielleicht vorläufig ist. Irgendwie spielt da sicher der Minderwertigkeitskomplex eine Rolle, der ja angeblich in der Psyche des Menschen existent ist, und überwindet zu werden versucht (wenn von spezifischen psychologischen und therapeutischen Schulen ausgegangen wird).

Narzissmus ist also keineswegs negativ, sondern dient dem persönlichen Befinden des „Trägers“ dieser Eigenschaft. So weit, so gut. Thomas Müller beschrieb den mir bis dahin unbekannten malignen Narzissmus, der sich dadurch kennzeichnet, dass er bösartig ist. Maligne Narzissten neigen nämlich dazu, sich nicht durch Leistung, Darstellung oder ähnliches selbst zu erhöhen, sondern vermögen dies nur, indem sie andere Menschen erniedrigen, beleidigen, vergewaltigen, psychisch unter Druck setzen, beherrschen, und im Extremfall töten. Der maligne Narzisst will vollkommene Macht und Kontrolle auf Menschen ausüben. Er ist in emotionaler Hinsicht extrem kalt, und hat stets nur seinen eigenen Vorteil im Sinn, der durch die Machtkontrolle maximiert zu werden versucht. Der Mann aus Amstetten, der seine eigene Tochter 24 Jahre lang in einem Verlies gefangen hielt, sie immer wieder vergewaltigte, sodass es auch zur Zeugung von sieben Kindern kam, und seine „sonstige“ Familie mit seinem Despotismus Tag für Tag davon abhielt, auch nur für einen Moment aufzumucken, ist ein Paradebeispiel eines malignen Narzissten. Für einen kurzen Moment entglitt ihm die Kontrolle über seine Tochter, und er „erlaubte“ ihr, ihr Kind einem Spital zu überantworten. Ansonsten wären die im Keller hausenden Menschen nie in die Freiheit gelangt…

Dieser von Thomas Müller beschriebene maligne Narzissmus ist keineswegs so selten, wie es dieser Fall darstellen mag. Hierbei handelt es sich noch dazu um einen Extremfall. Wer aber zum eigenen Vorteil über Leichen geht, Existenzen vernichtet, Menschen ohne Skrupel in die Armut schickt, Ausbeutung und psychischen Druck praktiziert, ist das nicht ein fast schon alltäglicher Fall von Wahnsinn? Längst schon ist bewiesen, dass viele sogenannte „Manager“ psychopathologische Persönlichkeitsstrukturen aufweisen, die sicher häufig auch in malignen Narzissmus ausarten mögen. Die kompromisslose Unart, der eigenen Karriere alles zu opfern, ist kein Einzelfall, sondern häufig die Regel. Auch Sektengurus vermögen es, labile Menschen mit ihrer „Einzigartigkeit“ zu blenden, und den Menschen vorzuspielen, dass sie der „Nabel der Welt“ sind. Der Turbokapitalismus, die immer weiter aufklaffende Schere zwischen Arm und Reich, die überall auf der Welt mehr oder weniger bestehenden gesellschaftlichen und gesellschaftspolitischen Strukturen belegen – leider – eindrucksvoll, dass der maligne Narzissmus sehr stark ausgebreitet ist, und der Teufel an allen Ecken und Enden der Welt seine grauenhafte Fratze zeigt. Der Fall von Amstetten ist nur ein weiterer Beleg dafür, dass es für diese Form des Irrsinns offenbar keine Grenze gibt. Hat sich diese Form des Narzissmus im Laufe der Evolution der Menschheit fortentwickelt, und ist nun in der Neuzeit stärker ausgeprägt als je zuvor? Heute ist der Tag, wo den Opfern der Nazis in Mauthausen gedacht wird. Die Persönlichkeitsprofile der Nazis sind wohl die markantesten Beispiele für einen extrem ausgeprägten – und gesellschaftlich zeitweilig etablierten - malignen Narzissmus, der noch dazu – so scheint´s, „ansteckend“ gewesen ist, und auch heute noch Menschen jeden Alters anzuziehen vermag …

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Ein sehr reißerisch geschriebener Kommentar der einen zeitweiligen Affekt auf Basis von Medienberichten widerspiegelt und eine extrem mangelhafte Kenntnis des Konzeptes "Narzissmus" im Allgemeinen entlarvt. Der Autor rückt sich dadurch in kein gutes Licht, soviel steht fest. Sehr schlecht.