Montag, 9. Juni 2008

Fußball-EM, Teil 4: Eindrücke von der Fan-Meile

Ich weiß ja nicht, warum das Ding Fan-Meile genannt wird, denn irgendwie habe ich das Gefühl, dass der Fan oder Interessierte im Gedränge nur den Anschein hat, er liefe 1609,344 Meter, bis er in der Nähe einer der großflächigen Bildschirme sei, auf die das Geschehen aus den Stadien projiziert wird.

Die Stadt Wien ist Provinz, und das ist nicht neu. Aber insbesondere in der Innenstadt hatte ich den Eindruck, als wäre ich am Silvester-Pfad, und im nächsten Moment würde mir irgendwer ein Glücks-Schweinchen umhängen, sodass die österreichische Nationalmannschaft auch ja gewänne. Vielleicht trugen die gesammelten gebürtigen und eingebürgerten Österreicherinnen und Österreicher, die das Spiel gegen Kroatien gemeinsam ansahen, ein unsichtbares Glücks-Schwein um den Hals oder auf dem Kopf, aber es nutzte alles nichts: Wer kein Tor schießt, kann nicht gewinnen, und so verlor die Nationalmannschaft also unglücklich. Es hilft nichts, zu jammern und zu proklamieren, dass ein Sieg möglich gewesen wäre. Die Kroaten wären doch zu packen gewesen, spielten selbst einen Stiefel zusammen, und wenn der Kienast in letzter Minute nicht das Tor um wenige Zentimeter verfehlt…

Das Glücks-Schwein wurde mir zur Last, und also entschieden sich mein Bruder und ich, diese atmosphärisch uninteressante Stätte zu verlassen, und zum Prater zu pilgern, wozu wir nicht mal zuvor dieses komische Bücherl eines Komödianten lesen mussten. Nach nur wenigen U-Bahn-Stationen waren wir auch schon am Praterstern, tranken zuvor noch ein paar Bier, weil die Preise in der Fan-Zone (Fan-Meile kann nur ein Jux-Ausdruck sein…) für ein Krügerl sogar das Oktober-Fest in den Schatten stellen. Ja, und das kleine Areal auf der Kaiserwiese im Prater hat wohl etwas Heimeliges, Sympathisches an sich. Und das liegt nicht daran, dass ich hier in der Nähe aufgewachsen bin… Die Leinwand ist zudem wahrscheinlich drei Mal größer als jene in der Innenstadt. Und es ist sogar der Kommentar mühelos hörbar. Da kam also Freude auf, und ich werde wohl nur aus Masochismus und Tollerei anlässlich des nächsten Spiels der Austriaken gegen Polen mit meinen polnischen Freunden kurz oder lang die Fan-Zone in der Innenstadt streifen. Schließlich sollen sich auch die Gäste in der Wiener Provinz wohlfühlen…

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