Sonntag, 15. Juni 2008

Fußball-EM, Teil 6: Exkurs über die ungarische Fußball-Nationalmannschaft

Das ballesterische Duell, welches Österreich gegen Deutschland bevorsteht, ist deswegen brisant, weil die Siege österreichischer Fußball-Nationalmannschaften gegen diesen Gegner bislang an zwei Händen abzählbar sind. Nur in der Anfangszeit des internationalen Fußballs waren die österreichischen Fußballer den deutschen Kontrahenten überlegen, was sich in der Mehrzahl der Siege anfangs des 20. Jahrhunderts niederschlug. Dann aber gab es ab 1931 Sendepause, und es dauerte unfassbare 47 Jahre, bis in Cordoba Hansi-Burli ganz Fußball-Österreich in einen kollektiven Freudentaumel stürzen ließ. Danach vergingen nur weitere zwölf Jahre, als anlässlich der Neueröffnung des Wiener Stadions der scheinbar übermächtige Gegner in einem allerdings rein freundschaftlichen Länderkampf völlig verdient mit 4:1 gedemütigt wurde. Seitdem gab es mit Ausnahme eines Remis vier Niederlagen seitens der Österreicher einzustecken, und so sprechen also viele selbsternannte „Fußball-Experten“ von einem voraussehbaren „Wunder“, insofern denn die Österreicher die Deutschen auf den Boden der Realität zurückziehen.

Ganz anders sieht die Sache aus, wenn von den Duellen gegen die ungarische Fußball-Nationalmannschaft ausgegangen wird. Gab es gegen die deutsche Fußball-Nationalmannschaft im Laufe der Fußball-Geschichte gerade mal knapp drei Dutzend Spiele auszutragen, sind es gegen die Ungarn schon weit über 100. Das Besondere an Spielen gegen Ungarn ist die Tatsache, dass es sich um „Bruderduelle“ handelt. Österreich und Ungarn gehörten einmal zusammen, und es ist nicht von der Hand zu weisen, dass ich nach wie vor die Däumchen für Ungarn drücke (freilich habe ich auch ungarisches Blut in mir, da mein Großvater mütterlicherseits Ungar war). Das Nationalteam oder auch Vereinsmannschaften mögen endlich mal wieder ein bisschen etwas international mitzureden haben. Seit der WM 1982 in Spanien, wo die Ungarn El Salvador mit 10:1 abschossen, und dennoch nicht über die Vorrunde hinauskamen, geht es bei den Ungarn – leider – nicht mehr bergauf. Sehr schade ist es rückblickend, dass 1954 bei der WM in der Schweiz dieses traurige Finale stattfand, bei dem die mit Abstand schlechtere Mannschaft den WM-Titel einstreifen konnte. Die Deutschen hatten es Adi Dassler und der brutalen Ausschaltung von Herrn Puskas zu verdanken, dass Jahrzehnte später ein selbstbeweihräuchender Film über das „Wunder von Bern“ gedreht werden konnte.

Wie auch immer: Die Begegnungen der Fußballnationalmannschaften von Österreich und Ungarn zählen für mich nach wie vor zu besonderen Ereignissen. Es ist also nur zu hoffen, dass es schon bald wieder zu einem Duell kommt. Ungarn ist im Übrigen jener „Gegner“, mit dem sich Österreich am häufigsten maß. Die Deutschen liegen diesbezüglich abgeschlagen irgendwo im Mittelfeld. Also, sollte die österreichische Fußballnationalmannschaft gegen die Deutschen gewinnen, ist es – auch – deswegen ein seltenes Ereignis, weil von zahlreichen Duellen im Laufe der Fußball-Geschichte nicht die Rede sein kann. Wien wird nicht Gijon werden, und diese Schmach gilt es auszumerzen. Cordoba war eine Sternstunde des österreichischen Fußballs, Gijon ein Schandfleck. Beiderlei sollte morgen an Bedeutung verlieren. Zumindest wäre es schön. Und als Sahnehäubchen möge dann die erfolgreiche österreichische Fußball-Nationalmannschaft nach der Europameisterschaft so bald wie möglich die Ungarn zu einem Freundschaftsspiel einladen. Leider hat die WM-Qualifikation zwar attraktive Gegner beschert, aber die Ungarn konnten, glaube ich, gar nicht als Gegner in Frage kommen…

Und so ganz nebenbei möchte ich noch vermerken, dass mit der Schweiz ein wunderbarer Gastgeber, und eine starke Nationalmannschaft frühzeitig aus der EM ausgeschieden ist. Die Niederlage gegen die Türken war ebenso unverdient wie jene gegen Tschechien. Aber warum sollte es gerade im Fußball Gerechtigkeit geben? Vielleicht ja doch am 16.6.2008 im Ernst-Happel-Stadion…

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