Donnerstag, 24. Juli 2008

Barack Obama in Berlin

Im Jahre 2000 war ich zu Gast in Berlin, und konnte die Jubiläumsfeierlichkeiten zehn Jahre nach dem Mauerfall in der Umgebung des Brandenburger Tors miterleben.

Knapp acht Jahre später hält der designierte Präsidentschaftskandidat der Vereinigten Staaten eine Rede an nahezu gleicher Stelle, und ich verfolge dieses Ereignis live vor dem Fernseher.
Obama spricht auch von der Mauer, vom Mauerfall. Noch mehr spricht er von der Luftbrücke, und den großen Hilfsaktionen der US-Regierung. Er ist stolz darauf, Amerikaner zu sein, ist für eine rasche Beendigung der Kriegsaktivitäten im Irak, beteuert, dass Europa ein besonders wichtiger Partner für die US-Amerikaner ist.

Obama wird mit Sprechchören bedacht, Obama bedankt sich gleich nach seiner Ankunft vor dem Podium viele Male für – was eigentlich? Kann dieser Mann die Welt retten? Ist er Superman? Vermag er, eine gerechtere Wirtschaftsordnung zu installieren? Hat er die Macht, geschichtlich gewachsene Differenzen zwischen Völkern zum Verschwinden zu bringen? Und ist er tatsächlich der legitime Nachfolger von John F. Kennedy?

Er ist auf so etwas wie einer „Werbetour“ durch allerlei Länder und Städte. Überzeugungsarbeit ist es, was er leisten will. Die Menschen in den Vereinigten Staaten bekommen mit, dass er sich bei seinem „Wahlkampf“ nicht nur auf sein Heimatland beschränkt. Medial kommt Obama sehr gut rüber. Er ist ein Hoffnungsträger, für manche ein „Messias“, ein Mann, der eine halbe Stunde lang eine seriöse Rede in Berlin halten kann. Die 100.000 oder 200.000 Zuhörer werden in Spannung gehalten. Was wird von diesen Worten übrig bleiben, die er medial in alle möglichen Länder ausgeworfen hat?

Tatsächlich mag es sein, dass er – sollte er nächster Präsident der Vereinigten Staaten sein – Veränderungen anstreben und verwirklichen will. Er wird keinen sinnlosen Krieg vom Zaun brechen, er wird nicht den Tod von Tausenden Zivilisten mitverantworten, er wird nicht bereit sein, die Schere zwischen Arm und Reich bewusst immer größer werden zu lassen. Doch was kann ein einzelner Mann? Ein einzelner Mann kann viel. Aber er kann es nie allein. Es bedarf Helfer und Helfershelfer. Gandhi hätte allein wenig erreicht. Er brauchte Mitstreiter. Ebenso Martin Luther King. Und auf der anderen Seite Hitler, Stalin, Napoleon.

Obama wird ausgezeichnete Helfer benötigen, um die Ziele, welche er in Berlin angesprochen hat, zu erreichen. Er wird bemüht sein müssen, keine Selbstdarsteller mit wichtigen Aufgaben zu betrauen. Und es ist zu hoffen, dass er als Präsident der Vereinigten Staaten gegen die Todesstrafe eintritt, weil es dann nicht mehr darum geht, um Stimmen zu buhlen. Der Kriegsirrsinn und die Gefangenenlager sind das Eine, die Todesstrafe das Andere. Obama wird es, wenn er als Präsident agieren kann, mit in der Hand haben, dem Wahnsinn die Stirn zu bieten. Er mag nur ein Hoffnungsträger sein, aber nicht nur ich möchte sehen, ob er tatsächlich auch nur einen kleinen Teil seiner Versprechungen und Vorhaben umsetzen wird. Es ist an der Zeit, dass sich etwas an den grausamen Strukturen, die Menschen geschaffen haben, ändert. Und Obama könnte den Anfang machen…

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