Mittwoch, 29. Oktober 2008

Nationalsport

Die Skisaison hat wieder begonnen, und der ORF bringt die diversen Rennen der Profis wie jedes Jahr perfekt ins Bild. Es gibt keine Ausnahme von der Regel, außer wenn ein Bildausfall die Idylle stört.

Skifahren ist des Österreichers Breitensport. Tausende von Unfällen und Spitalsaufenthalten belegen eindrucksvoll, dass nur die Wenigsten diese Sportart beherrschen mögen. Doch sie wedeln die Pisten hinunter, und lassen sich auch von Unfällen nicht unterkriegen. Der Grund für die Überpräsenz im ORF hängt von den Erfolgen ab. Kein anderer TV-Sender zeigt eine so ausführliche Berichterstattung. Also ist Skifahren Nationalsport?

Auch die Sportart Fußball wird vom ORF intensiv dargestellt. Jedes noch so uninteressante Spielchen wird gezeigt. Zum Unterschied zum Skifahren gibt es jedoch kaum mal einen Erfolg eines Vereins oder gar der Nationalmannschaft zu bewundern. Hingegen gibt es eine Pleite nach der anderen zu sehen. Dennoch hält der ORF eisern an seinem Publikumsauftrag fest. Also ist Fußball Nationalsport?

Tatsache ist, dass Skifahren und Fußball Sportarten sind, die von relativ vielen Menschen in Österreich ausgeübt werden. Dabei spielt es keine Rolle, wie gut die sportlichen Fähigkeiten ausgeprägt sind. Skifahren war immer ein guter „Boden“ für nationale Erfolge österreichischer Sportlerinnen und Sportler. Fußball hat hingegen einen besonderen Stellenwert, weil die Geschichte dieses Sports maßgeblich von Österreichern beeinflusst worden ist. In den Anfangsjahren dieses Sports spielte Österreich eine Vorreiterrolle, von der natürlich jetzt nicht mehr die Rede sein kann. Während es logisch erscheint, dass österreichische Skifahrerinnen und Skifahrer als Profis Erfolge einheimsen (das Land der Berge hat hier Heimvorteil), ist es im Falle des Fußballs die Erinnerung an bessere Zeiten, und damit ist nicht das leidige Thema Cordoba gemeint.

Was beide Sportarten eint, ist der provozierte Patriotismus seitens eines gewissen Teils der österreichischen Bevölkerung. Wie groß dieser Anteil sein mag, kann nur geschätzt oder vermutet werden. Ich für meinen Teil finde wenig Gefallen daran, irgendwelchen österreichischen Sportlerinnen und Sportlern zuzujubeln. Jeder Einzelne erbringt seine Leistung, im Fußball auch im Kollektiv. Die Nationenwertung im Profi-Skifahren gewinnt immer Österreich, und das österreichische Fußballnationalteam ist mittlerweile zur Lachnummer verkommen, die froh sein kann, auf den Färöer wenigstens einen Punkt ergattert zu haben.

Es bereitet mir Vergnügen, sportliche Leistungen zu verfolgen. Ich mache dies jedoch von keiner Nationalität der Sportler abhängig. Der Radsport hat vielleicht in Österreich einen Knacks erlitten, weil Herr Kohl gedopt hat, doch das hebt die Welt nicht aus den Angeln. Im Radsport geht nicht erst seit gestern einiges nicht mit rechten oder linken Dingen zu.

Der Wettbewerb, welcher von Menschen bestritten wird, hat immer viele Menschen angezogen. Das gilt geschichtlich verbürgt. Anderen Menschen zuzusehen, wie sie sportliche Leistungen erbringen, lässt ein Mauerblümchen-Dasein führende Zuschauerinnen und Zuschauer zu Rabauken, Fanatikern oder einfach Mitfühlenden werden. Das ist gut so, weil es auch ein Gemeinschaftsgefühl erzeugt. Doch kann nur ein – aus welchen Gründen auch immer entstandener – Nationalsport dieses Gemeinschaftsgefühl verursachen? Kann es nicht möglich sein, abseits von Pisten, Fußballplätzen und als imaginäres Publikum vor dem Fernseher solidarische Gefühle zu empfinden? Einfach zum Nachdenken…

Freitag, 24. Oktober 2008

Qualitätsfernsehen

Elke Heidenreich ist ihren Job beim ZDF los. Sie hat über eine Zeitung kundgetan, dass es sie nicht stören würde, rausgeschmissen zu werden, und da ließ sich das ZDF nicht lumpen. Die Dame hat sich „geschämt“, für diesen Sender zu arbeiten. Aufgefallen ist es ihr aber erst, als Herr Reich-Ranicki gleich einen Rundumschlag gegen das Fernsehen machte.

Frau Heidenreich hat zudem Thomas Gottschalk verbal attackiert, was wiederum Herrn Reich-Ranicki dazu veranlasste, seinen neuen Duz-Freund Thomas Gottschalk zu verteidigen.

Ich muss zugestehen, schon längere Zeit die Sendung „Lesen“ boykottiert zu haben. Elke Heidenreich hat einen Vertrag mit Random house geschlossen, und dient sich nun also diesem Mega-Konzern an, der mit Vorliebe kleinere bis mittlere Verlage schluckt. Die Autorin, Büchernärrin und Opern-Liebhaberin kritisiert das ZDF schärfstens, und ist sich nicht zu schade, mit Random house zusammen zu arbeiten, wo nicht unbedingt ausschließlich wertvolle, qualitativ hochwertige Literatur verlegt wird.

Nunmehr breche ich eine Lanze für das ZDF. Wer sich nämlich ein bisschen mit dem Programm auseinandersetzt, das vom ZDF ausgestrahlt wird, den wird es wundern, wie es sein kann, dass irgendein Mitarbeiter diese Sendeanstalt nur widerwillig als Arbeitgeber ansieht.

Fast jeden Montag zeigt das ZDF oft ausgezeichnete Erstausstrahlungen von deutschsprachigen Filmen. Erst diese Woche etwa „Ein riskantes Spiel“; einen Spielfilm, der von Freundschaft bis in den Tod handelt, und das Prädikat besonders wertvoll verdient. Ebenfalls am Montag werden immer wieder in der Reihe „Das kleine Fernsehspiel“ hervorragende Filme (oft mit dokumentarischem Charakter) gezeigt.

„Das philosophische Quartett“, und das „Nachtstudio“ sind zwei Beispiele für ausgezeichnete Diskussionskultur im Fernsehen. Wenn ich etwa an die Sendung rund um Franz Kafka zurückdenke, einfach fantastisch!

„Aktenzeichen XY“ hat einen Stellenwert, den so mancher TV-Konsument in Frage stellen mag, doch diese Sendung sorgt durch das Zeigen von kriminellen Taten dafür, dass nicht wenige der Verbrechen durch Mitarbeit von Zuschauern aufgeklärt werden, und außerdem mag es passieren, dass einige der TV-Konsumenten aufmerksamer sind, wenn sie mit einer realen Situation konfrontiert werden, die an ein Verbrechen oder ein beabsichtigtes Verbrechen denken lässt.

Krimis gibt es noch und nöcher, keine Frage… Und nicht jede Krimi-Serie ist das Gelbe vom Ei. Jedoch sind es nicht nur die Zugpferde „Ein Fall für Zwei“ und „Der Alte“, welche für (im Falle von „Der Alte“ wieder) Qualität garantieren. „Der Kriminalist“ und „Kommissar Stolberg“ zeigen ausgezeichnete Schauspieler in titelgebenden Rollen, deren Persönlichkeitsstrukturen verschiedener nicht sein können, und gerade deswegen zu brillieren vermögen. Mit „Kommissarin Lucas“ und „Bella Block“ ermitteln zudem zwei Frauen (vielleicht etwas zu selten), deren Rollenträgerinnen zur Creme de la creme der deutschsprachigen Schauspielkunst zählen. Und nicht zu vergessen, dass sich das ZDF mit „Kommissarin Lund“ die Rechte für ein ungewöhnliches Krimi-Serien-Konzept aus Dänemark gesichert hat!

Vom Zugpferd „Wetten…dass?“ brauche ich gar nicht groß zu schreiben, auch wenn sich Frau Heidenreich mit dieser Show, die zweifellos in den letzten Jahren an Qualität eingebüsst hat, und dennoch im Vergleich zu anderen Shows immer noch wie ein Fels in der Brandung steht, nicht anfreunden kann.

Wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen. Genau das hat Elke Heidenreich getan, und nachvollziehen kann sie das wohl nur für sich selbst. Denn dass das ZDF keine Sendeanstalt ist, die nur Schrott zeigt, steht fest. Das auch im ZDF Sendungen laufen, die nicht unbedingt supergut sind, ist auch klar. Schade finde ich es zudem, dass sich die Verantwortlichen des ZDF schon seit einigen Jahren nicht dazu aufraffen, Episoden von „Derrick“ zu wiederholen (gerade jene aus den 1970´er und frühen 1980´er Jahren wären insbesondere für das jüngere Publikum interessant!). Dennoch ist der Rundumschlag von Frau Heidenreich völlig überzogen, und ihre Kündigung seitens des ZDF verständlich.

Thomas Gottschalk und Marcel Reich-Ranicki wissen, wovon sie sprechen. Dem älteren Herrn sitzt manchmal vielleicht zu sehr der Schalk im Nacken, und er übertreibt ziemlich. Andererseits hat er wahrscheinlich gar nicht genug Zeit, um sich genauer dem Fernsehprogramm zu widmen. Für Elke Heidenreich sollte das Programm des ZDF jedoch nicht unbekannt sein. Ja, selbst im ZDF wird durchaus Qualitätsfernsehen gezeigt! Und ein Weilchen dachte ich sogar, dass das – freilich mit Abstrichen – auf die Sendung „Lesen“ zutrifft…

Dienstag, 21. Oktober 2008

20 Jahre STANDARD


MEIN PERSÖNLICHES EXEMPLAR!


Die Geburtsstunde des STANDARD blieb mir verschlossen. Ich absolvierte damals eine Ausbildung in einem Buchverlag, besuchte regelmäßig die Tanzschule und schaute mir im Kino grimmige Filme an. Aus welchem Grund auch immer entging mir dieses Zeitungsprojekt, und es sollte vierzehn Jahre dauern, bis ich mir den STANDARD genauer anschaute.

Warum zog so viel Zeit ins Land, ehe ich die Zeitung für Leser für mich entdeckte? Möglicherweise war es das Format, das ich als störend empfand. Oder auch die ausführliche Berichterstattung. Kaum hatte ich jedoch eine Ausgabe probehalber studiert, war schnell der Entschluss gefasst, diese Tageszeitung regelmäßig zu lesen. Es ergab sich eine mittlerweile auch schon wieder fast siebenjährige Auseinandersetzung mit dieser – jetzt kann ich es mit dem Brustton der Überzeugung schreiben – Qualitätszeitung.

Es war einmal eine Zeit, als ich tatsächlich das Kleinformat bevorzugte. Hauptgrund war der Sportteil, Nebengrund der Telemax. Doch was ist im Vergleich dazu der STANDARD: Kolumnen vom Feinsten, ausführlicher glänzender Kultur-Teil, Hintergrundberichte aus den Welten der Medizin und Wissenschaft, Kommentar der Anderen, ALBUM, RONDO, Sonderausgaben, Blattsalat usw. usw. Jeden Tag könnte ich mich stundenlang mit dem STANDARD beschäftigen, wenn nicht auch noch andere Dinge zu erledigen wären…

Den Vogel schoss der STANDARD nunmehr mit der Jubiläumsausgabe zum 20. Geburtstag ab. Gibt es denn so etwas? Christian-Ludwig Attersee fertigt 10 Bilder an, die Adam und Eva als STANDARD-Leser darstellen. Er steht mit einigen verdienten Mitarbeitern des STANDARD bis halb fünf Uhr in der Früh in der Druckerei, um einen Prozess zu verfolgen, der seinesgleichen sucht: Jeder STANDARD der Jubiläumsausgabe ist ein Unikat! Es gibt winzige Nuancen bei der Farbgebung, und jede Zeitung hat damit eine eigene Prägung. So etwas gab es definitiv noch nie in der Zeitungslandschaft.

Das Titelblatt der STANDARD-Jubiläumsausgabe lacht mich also mit einer Einmaligkeit an. Und dann galt es natürlich, mich genauer mit dieser Jubiläumsausgabe auseinander zu setzen, was mehrere Stunden in Anspruch nahm. Besonders eindrucksvoll die RÜCKSCHAU und der VORAUSBLICK sowie die Darstellung der Mitarbeiter. Philosophische Auseinandersetzungen mit der Berichterstattung, und darüber, was eine Tageszeitung (eigentlich) ausmachen mag?

Der STANDARD ist immer auch mehr oder weniger ironisch, vergisst dabei aber nie, auf welcher Seite er steht. Er betrachtet sich als unabhängig, und gibt Berichten über Menschen Raum, die am Rande der Gesellschaft, die nicht im Scheinwerferlicht stehen, deren Existenz bedroht ist, die nicht den Sprung an die Spitze geschafft haben. Der STANDARD öffnet Räume, und erweitert das Bewusstsein für eine Realität abseits üblicher Normen.

Im ausgezeichneten Film „Before sunrise“ fällt der Satz, dass Medien das Bewusstsein der Menschen beeinflussen. Diese Aussage ist negativ gemeint, und tatsächlich vermögen es Medien, Meinungen und Anschauungen der Menschen in die von ihnen gewünschte Richtung zu transportieren. Und ich gebe zu: Auch ich werde vom STANDARD beeinflusst! Ja, das lässt sich nicht abstreiten, ABER: Mein Bewusstsein ist in positiver Hinsicht abgedriftet. Es verfängt sich nicht mehr in Banalitäten und falsch fokussierten Bildern und Ideologien.
Der STANDARD ist nicht nur eine Zeitung für Leser, sondern ebenso für neugierige Menschen, die den Dingen auf den Grund gehen wollen. Dafür und für vieles Andere herzlichen Dank, und herzliche Glückwünsche zum Jubiläum!

Samstag, 18. Oktober 2008

Leben ohne Fernsehen?

Marcel Reich-Ranicki könnte ohne Fernsehen leben. Zumindest tut er so, als ob. Er lehnt einen Preis ab, weil er die stundenlange Fadesse einer Preisverleihungs-Show nicht auf sich sitzen lassen kann. Tatsächlich ist es für einen 88-jährigen Menschen nicht so einfach, mehrere Stunden sitzend darauf zu warten, dass irgendetwas passiert, dann seinen Namen als Preisträger zu hören, und stehend eine Dankesrede zu halten, die er sich gerne erspart hätte. Doch er ist bei der Veranstaltung aufgetaucht, und musste dann also die Fadesse aushalten, der er sich so gerne entzogen hätte.

Nur wenige Tage später hat sich Marcel Reich-Ranicki im Fernsehen in einer eigenen Sendung mit Thomas Gottschalk getroffen, um über das Fernsehen zu sprechen. Anders als bei seinen sonstigen Fernseh-Auftritten kam Gottschalk fast intellektuell daher. Er verteidigte die Fernsehsender, welche der Quote verpflichtet wären. Sendungen mit intellektuellem Charme hätten kaum Chancen, von vielen Menschen gesehen zu werden, und die leichte, lockere Unterhaltung mag das non plus ultra der Fernsehlandschaft sein. Selbstverständlich verneinte der Literaturkritiker Reich-Ranicki alle Ansichten, die der Show-Krösus Gottschalk von sich gab. Er traue es Gottschalk durchaus zu, eine anspruchsvolle Sendung zu moderieren, bei der dann die Massen vor dem Fernsehbildschirm kleben bleiben würden. Warum immer nur seichte Unterhaltung?

Reich-Ranicki und Gottschalk kannten sich schon vor dieser kleinen Sendung. Sie begegneten einander sogar mal bei „Wetten…dass?“… Wer Marcel Reich-Ranicki zuhörte, könnte dem Glauben verfallen, das Fernsehen sei nur eine Verdummungsmaschine, und somit wäre es am besten, gar nicht erst einzuschalten, und stattdessen ein gutes Buch zu lesen. Natürlich gäbe es immer wieder gute Filme zu sehen, die einen gewissen Anspruch erfüllen. So etwa eine Dokumentation über Kissinger auf ARTE. Doch prinzipiell könne vom Fernsehen nicht viel erwartet werden.

Es gibt nicht wenige Menschen, die tatsächlich auf einen Fernseher verzichten, und sich stattdessen Radiosendungen hingeben, oder ein gutes Buch lesen. Es müsste genauer erforscht werden, ob diese Menschen auch auf das Internet verzichten. Früher haben die Menschen auch ohne Fernsehen leben können, also so schwierig kann dieses Unterfangen ja nicht sein, oder?

Ich gehöre zu jenen Menschen, die nicht wild herumzappen, und auf eine glückliche Fügung hoffen, dass mir irgendwann das meiner Gefühlslage entsprechende Programm zugespielt wird. Nein, ich setze mich mit dem Fernsehprogramm konstruktiv auseinander, und gestalte mir mein Programm selbst. Dadurch ist es mir möglich, meinen Interessen gemäß Fernsehbilder serviert zu bekommen. Es ist nicht alles „Qualitätsfernsehen“, was ich bevorzuge, doch auf vieles mag dieses Wörtchen zutreffen. ARTE und 3 SAT sind zwei meiner Lieblingssender, weil hier Kultur eine essenzielle Rolle spielt, ausgezeichnete Filme zu sehen sind, und Themenabende sowie Dokumentationen hintergründiges über Menschen, die in den weniger bekannten Winkeln der Welt leben, erzählen.

Könnte ich ohne Fernsehen leben? Ja, ganz sicher sogar. Aber ich schalte den Fernseher gerne an, und lasse mich auf Welten ein, die ich selbst gewählt habe. Warum sollte ich mich mit Talk-Shows („Hilfe, mein Nachbar wohnt nebenan!“), Ratesendungen oder Anti-Sänger-Wettstreitigkeiten abgeben? Wie im Internet auch habe ich die Möglichkeit, auszuwählen, was ich bevorzuge. Es existiert kein Zwang, mich dem Schwachsinn auszuliefern. Das dies viele Menschen tun will ich nicht bestreiten, aber diese Menschen haben auch eine Wahl getroffen. Wer wählt, muss dies für sich selbst verantworten. Das Fernsehen hat das Leben der Menschen dahingehend revolutioniert, weil sie Bilder aus allen Ecken und Enden der Welt sehen können, ein bisschen Bescheid wissen über die Lebensbedingungen anderer Menschen, die weit entfernt leben, und da nehme ich gerne in Kauf, dass Privatsender und sogar die Öffentlich-Rechtlichen unsinnige Sendungen im Programm haben.

Marcel Reich-Ranicki hat aus einer Maus einen Elefanten gemacht. Das Fernsehen ist nicht so schlecht, wie er es dem Fernsehpublikum vorgaukeln mag. Immerhin hat er mit dem „Literarischen Quartett“ die Möglichkeit gehabt, sogar der Literatur im Fernsehen einen ihr gebührenden Platz zu reservieren. Tatsächlich gibt es zahlreiche Literatursendungen (sogar der ORF hat seit kurzen wieder eine..), und damit müsste der 88-jährige Mann doch zufrieden sein? Nein, es existiert kein Elefant namens absolute Verdummungsmaschine, sondern nur eine Maus namens Fernbedienung. Wer sich dem Fernsehen entziehen will, der kann dies gerne tun. Ich keineswegs. Auch heute werde ich der kleinen Maus wieder huldigen. Und ich weiß schon, welche Kleidung diese gar nicht graue Maus trägt…

Montag, 13. Oktober 2008

Zum Tode von Kurt Weinzierl und Guillaume Depardieu

Es mag ungewöhnlich sein, aber ich komme nicht umhin, einen weiteren Beitrag zu schreiben, der aufgrund des Todes (diesmal sogar) zweier Menschen entsteht. Ich könnte über alles Mögliche andere schreiben, doch dazu fehlt mir die Motivation. Zudem ist Kurt Weinzierl ein Schauspieler, der mich von Kindheit an buchstäblich begleitet hat. Ob in der Serie „Kottan ermittelt“, wo er als Polizeipräsident für Furore sorgte, oder in der Serie „Ein echter Wiener geht nicht unter“, die ihn manchmal mit einem gewissen Herrn Sackbauer zusammenkrachen ließ.

Erst letztes oder vorletztes Jahr las ich die Vorlage des „Echten Wieners“, und zwar den Roman „Salz der Erde“ von Ernst Hinterberger. Die geschilderte Figur, welche dann in der Serie von Kurt Weinzierl verkörpert wurde, ist zwar auch ein wenig schrullig, aber zudem äußerst intellektuell und nachdenklich. Für die Serie wurden alle Figuren etwas anders angelegt, was ein bisschen schade ist. Eine der letzten Rollen, wenn nicht die letzte Fernsehrolle des ungewöhnlichen Volksschauspielers ist jene des gealterten Vitus anlässlich des runden Geburtstages von „Mundl“ Sackbauer.

Kurt Weinzierls Kampf (als Pilch) mit dem Kaffeautomaten gehört zu den spannendsten Duellen der österreichischen Fernsehgeschichte. Ein Duell, das Pilch immer wieder verlor, und doch die Hoffnung auf einen siegreichen Kampf nie aufgab.

Seine sehenswerteste Rolle war aber wohl jene, durch die er Franz Jägerstätter verkörperte.
Franz Jägerstätter lehnte aufgrund seiner religiösen Einstellung den Dienst mit der Waffe ab, und wurde am 9. August 1943 enthauptet. Dieser Mann ließ sich von seiner moralischen Einstellung nicht abbringen, und wurde für dieses Vorgehen von den Nazis ermordet.
Kurt Weinzierl spielte den jungen Mann, der nur 36 Jahre alt werden durfte, mit Bravour.

Erst vorgestern habe ich eine kleine Dokumentation über Kurt Weinzierls „Welt“ gesehen, die ihn auch als Kabarettisten zeigt. Mit ihm ist ein bemerkenswerter Film- und Volksschauspieler im Alter von 77 Jahren von uns gegangen.

Guillaume Depardieu wurde nur 37 Jahre alt. Er war der Sohn des berühmten Gerard, und hatte im Laufe seines Lebens für einige Skandale gesorgt. Es gelang ihm nie, aus dem Schatten seines Vaters zu treten, mit dem er in einigen Filmen spielte. Unter anderem verkörperte er den jungen Edmond Dantes. Dem Schauspieler war im Jahr 2003 das rechte Bein abgenommen worden, weil es sich entzündet hatte. Er verstarb an den Folgen einer akuten Lungenentzündung.

Das Schicksal von Guillaume Depardieu hätte vielleicht anders verlaufen können, wenn er sich nicht mehrmals als Schauspieler versucht hätte. Nicht wenigen Söhnen berühmter Väter (berühmtestes Beispiel ist der Sohn von Goethe) gelang es nicht, sich aus dem Schatten des Vaters zu lösen. Guillaume hatte mit Sicherheit schauspielerisches Talent, aber es ist ein unmögliches Unterfangen, sich mit seinem – möglicherweise – väterlichen Vorbild zu messen.

Vielleicht hätte er es früher oder später geschafft, mit seinem Schicksal besser umzugehen, wenn es ihm vergönnt gewesen wäre, länger zu leben. Wir werden nie erfahren, was hätte sein können…

Donnerstag, 9. Oktober 2008

Le Clezio und die Finanzmarktkrise

Der Finanzmarktkrise zum Trotz hat ein mir bis heute völlig unbekannter Autor den Literaturnobelpreis zugesprochen bekommen. Er darf sich über eine Menge Geld freuen.
Bislang wurde, wie ich recherchieren konnte, gerade mal einer seiner Romane – und das letztes Jahr – im deutschsprachigen Raum verlegt. Seine Biographie ist nicht uninteressant, dennoch ist es immer wieder interessant, zu welchen Entscheidungen die Akademie gelangt.

Für John Irving und John Updike ist der Zug noch nicht abgefahren. Vielleicht wird es nächstes Jahr doch mal ein Österreicher oder Paul Auster. Wie im Lotto scheint auch punkto Literaturnobelpreis alles möglich zu sein. Wobei die Zuerkennung an Paul Auster freilich nach meinem Geschmack wäre…

Samstag, 4. Oktober 2008

Leben ohne Internet?

An den meisten Tagen des Jahres schalte ich zumindest ein bis zwei Mal den PC ein. Hauptgrund ist hierbei die Auseinandersetzung mit dem Internetz. Ich prüfe meine E-Mails, setze mich mit Foren auseinander, halte in einigen Netzwerken Nachschau, informiere mich über Neuigkeiten in Politik, Sport und Wirtschaft, und halte mich überhaupt mit Web 2.0 auf Trab. Hinzu kommen hie und da noch allerlei sonstige Aktivitäten von Podcasts über Online-Filme bis zu Hintergrund-Informationen über Fernsehsendungen.

Also, das Internetz ist offenbar aus meinem Leben nicht wegzudenken… Dabei ging es in meinem Fall bis Ende des Jahres 1999 problemlos auch ohne dieses Medium. Ist das Internet tatsächlich so wichtig, dass Tag für Tag eine Konfrontation unausweichlich bleiben mag? Tatsache ist, dass mittlerweile Unmengen an Geld von Internet-Unternehmen verdient werden. Und manche Geschäftsleute sind damit unermesslich reich geworden, wenn ich etwa an die Verantwortlichen von Google denke. Andererseits treiben nicht wenige Menschen Schindluder mit diesem Medium. Kinderpornographie ist hierbei die schrecklichste Form der Geschäftemacherei. Sexseiten boomen, und wer mal irrtümlich auf irgendeine Werbung geklickt hat, die wo auch immer mit Sicherheit auftaucht, wird wenig später mit Spam-Mails eingedeckt.

Eine Möglichkeit, die das Internet bietet, und von zahlreichen Menschen genutzt wird, ist das Web-Tagebuch. Hier gilt, dass jene User die meisten Clicks generieren, die möglichst „sensationelle“ Einträge verfassen. Wer sein Privatleben bis in intimste Details offen legt, kann damit rechnen, sehr viel gelesen zu werden. Dafür gibt es eine Menge Beispiele, die ich freilich nicht anführen will. Als Autor neige ich nicht dazu, Details aus meinem Leben zu verraten. Ich will nicht mehr und nicht weniger als eigene Anschauungen und Vorstellungen beschreiben. Watzlawick und die Konstruktivisten sind von der „erfundenen Wirklichkeit“ überzeugt, und meine Leser erhalten einen kleinen Einblick in meine Wirklichkeit. Diese Wirklichkeit wiederum bildet sich ausschließlich in meinem Kopf ab. Wenn ich darauf aufmerksam mache, dass ich eine Affinität zu einem anderen Autor oder einem bestimmten Buch habe, nehme ich meine Leser mit in diese Gedankenwelten. Und mehr soll ein Internet-Tagebuch meiner Meinung nach auch nicht sein. Die Leser können an meinen Gedankenwelten teilhaben. So etwa auch daran, dass ich momentan ziemlich verärgert darüber bin, dass der Online-Vorverkauf der Viennale offensichtlich zwei besonders interessante Filme, nämlich „Malina“ und „Let´s make money“ ignoriert. Das Internet sollte die Möglichkeit bieten, bei schnellem Zugriff gleiche Chancen zu haben, etwa an Karten für Kinofilme oder Konzerte heranzukommen, für die es sonst selbst bei stundenlangem Schlange stehen nahezu unmöglich wäre, in deren Besitz zu gelangen. Es ist in Ordnung, wenn die Karten von vor den Vorverkaufsstellen die Nacht vorher campierenden Menschen zuerst ergattert werden. Das aber Karten für manche Filme offenbar im Online-Vorverkauf gar nicht erst angeboten werden, empfinde ich als Frotzelei am Stammkunden und somit auch an mir.

Wie auch immer: Ein Web-Tagebuch bietet also die Möglichkeit, euch, meine Leser, an meinen Gedankenwelten teilhaben zu lassen, und das ist schon eine wunderbare Errungenschaft. Manche Web-Tagebuchschreiber verfahren mit ihrem Web-Tagebuch so, als handle es sich um eine privat-öffentliche Angelegenheit. Nun gut, wer mag, soll dies tun. Die Chancen auf eine hohe Clickanzahl steigen dadurch exponentiell. Tatsache aber ist, dass ein Web-Tagebuch, insofern es nicht durch ein Passwort geschützt ist, von jedem Menschen gelesen werden kann, der es im Internet-Dschungel entdeckt. Und es sollte sehr wohl darauf Bedacht genommen werden, nicht das eigene Leben detailreich abzubilden. Ein Tagebuch der herkömmlichen Form ist ein persönlicher Ansprechpartner, und in manchen Fällen kann es als literarisch wertvoller Befund den Menschen ans Herz gelegt werden. Ich denke etwa an die Tagebücher von Anne Frank, Viktor Klemperer und Franz Kafka. Ein Internet-Tagebuch als Repräsentationsfläche für intime Details zu benutzen ist sehr fragwürdig. Ich verweigere mich auch erfolgreich, derartige entdeckte Tagebücher dauerhaft zu lesen. Diesbezügliche Einträge können nämlich ganz schön erschreckend sein. So, als ob ein Mensch dich einlädt, durchs Schlüsselloch zu schauen, und dann öffnet er die Tür sperrangelweit.

Und um noch kurz darauf zurückzukommen, ob für mich ein Leben ohne Internet möglich ist? Tut mir leid, ich habe keine Zeit, jetzt noch eine Antwort darauf zu formulieren. Ich habe es eilig. Ich muss nämlich ins Internet. Und das sofort.

Mittwoch, 1. Oktober 2008

1.10.1958

Heute vor 50 Jahren ereignete sich eine der größten Sensationen der europäischen Fußball-Klubgeschichte. Im Europacup der Meister war der Wiener Sportclub als klarer Außenseiter gegen die damals noch nicht so „alte Dame“ Juventus im Praterstadion aufgelaufen, um den haushohen Favoriten neunzig Minuten lang vorzuführen.

Das unfassbare Ergebnis von 7:0 für den Wiener Sportclub bringt zum Ausdruck, wie krass die Leistungsunterschiede an diesem Tag gewesen sind. Juventus hatte das Heimspiel mit 3:1 gewonnen, und wohl geglaubt, sich im Vorbeigehen für die nächste Runde zu qualifizieren. Aber denkste: Pepi Hamerl sorgte für gleich vier Tore, hinzu kamen zwei des legendären Erich Hof, und ein weiteres durch Karl Skerlan.

Ich besuchte erst knapp 20 Jahre nach diesem legendären Spiel erstmals den Sportclub-Platz und damit begann meine Zuneigung für den Wiener Sportclub. Als kleiner Bub sah ich ein knappes Spiel gegen die Wiener Austria, wo der Gegner erst kurz vor Schluss entweder den Ausgleich oder sogar den Siegestreffer markierte. Viele Jahre später musste ich mich damit anfreunden, dass mein Verein nur mehr in der Wiener Liga spielte. Die Treue zu einem Fußballverein kann sehr stark verankert sein, und so erfreute es mein Herz ganz besonders, als der WSC im Jahre 2001 nach einer erstaunlichen Saison wieder in die Ostliga aufstieg.

Im Jahre 2002 begann dann eine merkwürdige Geschichte ihren Lauf zu nehmen, die ich nicht von Anbeginn verstanden habe. Jedenfalls wurde die Fußballsektion dem WSC ausgelagert, und seitdem spielt ein neuer Verein, der den Namen „Wiener Sportklub“ trägt, in der Ostliga. Eine Wiederaufnahme des Spielbetriebes der Fußballsektion des Wiener Sportclubs wäre durch eine Einigung mit den Verantwortlichen des Wiener Sportklubs leicht zu erzielen (im Sinne einer Integration des WSK in den WSC). Bislang bleibt diese Einigung jedoch aus.

Die Geschichte des Wiener Sportclubs ist eine ganz besondere. Der 7:0 Sieg im Europacup der Meister gegen Juventus sowie die zwei Meistertitel 1957/1958 und 1958/1959 sind als Glanzpunkte dieses Traditionsvereins anzusehen. Es wäre dem WSC zu wünschen, dass diese Tradition so bald wie möglich fortgesetzt wird.

Was mich an diesem 1.10.2008 besonders freut ist die Tatsache, dass der ORF diesen glorreichen Sieg nicht vergessen hat, und die Geschichte auf http://sport.orf.at/080930-8704/index.html nachgelesen werden kann. Ebenso gibt es einen Artikel auf http://www.laola1.at/135+M5e3370d13a2.html nachzulesen!

Anlässlich des Jubiläums findet heute um 19 Uhr im „Löwenherz“ (Hernalser Hauptstraße 171), eine Festveranstaltung statt, zu der alle Interessierten herzlichst eingeladen sind.


(Dieses Foto zeigt mich in einem Dress des Wiener Sportclub im gekennzeichneten Jahr. Mögen sowohl Polaroid-Fotos als auch die Tradition des Wiener Sportclub nie in Vergessenheit geraten)