Dienstag, 21. Oktober 2008

20 Jahre STANDARD


MEIN PERSÖNLICHES EXEMPLAR!


Die Geburtsstunde des STANDARD blieb mir verschlossen. Ich absolvierte damals eine Ausbildung in einem Buchverlag, besuchte regelmäßig die Tanzschule und schaute mir im Kino grimmige Filme an. Aus welchem Grund auch immer entging mir dieses Zeitungsprojekt, und es sollte vierzehn Jahre dauern, bis ich mir den STANDARD genauer anschaute.

Warum zog so viel Zeit ins Land, ehe ich die Zeitung für Leser für mich entdeckte? Möglicherweise war es das Format, das ich als störend empfand. Oder auch die ausführliche Berichterstattung. Kaum hatte ich jedoch eine Ausgabe probehalber studiert, war schnell der Entschluss gefasst, diese Tageszeitung regelmäßig zu lesen. Es ergab sich eine mittlerweile auch schon wieder fast siebenjährige Auseinandersetzung mit dieser – jetzt kann ich es mit dem Brustton der Überzeugung schreiben – Qualitätszeitung.

Es war einmal eine Zeit, als ich tatsächlich das Kleinformat bevorzugte. Hauptgrund war der Sportteil, Nebengrund der Telemax. Doch was ist im Vergleich dazu der STANDARD: Kolumnen vom Feinsten, ausführlicher glänzender Kultur-Teil, Hintergrundberichte aus den Welten der Medizin und Wissenschaft, Kommentar der Anderen, ALBUM, RONDO, Sonderausgaben, Blattsalat usw. usw. Jeden Tag könnte ich mich stundenlang mit dem STANDARD beschäftigen, wenn nicht auch noch andere Dinge zu erledigen wären…

Den Vogel schoss der STANDARD nunmehr mit der Jubiläumsausgabe zum 20. Geburtstag ab. Gibt es denn so etwas? Christian-Ludwig Attersee fertigt 10 Bilder an, die Adam und Eva als STANDARD-Leser darstellen. Er steht mit einigen verdienten Mitarbeitern des STANDARD bis halb fünf Uhr in der Früh in der Druckerei, um einen Prozess zu verfolgen, der seinesgleichen sucht: Jeder STANDARD der Jubiläumsausgabe ist ein Unikat! Es gibt winzige Nuancen bei der Farbgebung, und jede Zeitung hat damit eine eigene Prägung. So etwas gab es definitiv noch nie in der Zeitungslandschaft.

Das Titelblatt der STANDARD-Jubiläumsausgabe lacht mich also mit einer Einmaligkeit an. Und dann galt es natürlich, mich genauer mit dieser Jubiläumsausgabe auseinander zu setzen, was mehrere Stunden in Anspruch nahm. Besonders eindrucksvoll die RÜCKSCHAU und der VORAUSBLICK sowie die Darstellung der Mitarbeiter. Philosophische Auseinandersetzungen mit der Berichterstattung, und darüber, was eine Tageszeitung (eigentlich) ausmachen mag?

Der STANDARD ist immer auch mehr oder weniger ironisch, vergisst dabei aber nie, auf welcher Seite er steht. Er betrachtet sich als unabhängig, und gibt Berichten über Menschen Raum, die am Rande der Gesellschaft, die nicht im Scheinwerferlicht stehen, deren Existenz bedroht ist, die nicht den Sprung an die Spitze geschafft haben. Der STANDARD öffnet Räume, und erweitert das Bewusstsein für eine Realität abseits üblicher Normen.

Im ausgezeichneten Film „Before sunrise“ fällt der Satz, dass Medien das Bewusstsein der Menschen beeinflussen. Diese Aussage ist negativ gemeint, und tatsächlich vermögen es Medien, Meinungen und Anschauungen der Menschen in die von ihnen gewünschte Richtung zu transportieren. Und ich gebe zu: Auch ich werde vom STANDARD beeinflusst! Ja, das lässt sich nicht abstreiten, ABER: Mein Bewusstsein ist in positiver Hinsicht abgedriftet. Es verfängt sich nicht mehr in Banalitäten und falsch fokussierten Bildern und Ideologien.
Der STANDARD ist nicht nur eine Zeitung für Leser, sondern ebenso für neugierige Menschen, die den Dingen auf den Grund gehen wollen. Dafür und für vieles Andere herzlichen Dank, und herzliche Glückwünsche zum Jubiläum!

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